Ich habe panische Angst vor Zecken. Und das, obwohl ich selbst noch nie von einer gebissen wurde. Aber seit meine Freundin in der Grundschule einmal eine vollgesogene Zecke im Nacken hatte, kriege ich das Bild nicht mehr aus dem Kopf.
Seitdem habe ich – mit Wohnsitz in Baden-Württemberg – bereits mehrere Borreliose-Erkrankungen von unterschiedlich schwerem Ausmaß im Verwandten- und Bekanntenkreis mitbekommen, so dass ich mittlerweile (zumindest gegen FSME) geimpft und Besitzerin einer Karte zur Zeckenentfernung bin sowie die Elfe nach einem Tag im Freien abends nach Zecken absuche. Aber was kann man noch zur Vorbeugung tun? Und was sollte man sonst noch über Zecken wissen? Herr Ringwald, Pharmazeutisch-Technischer Assistent, hat mir meine Fragen hierzu beantwortet.
Herr Ringwald, wo gibt es in Deutschland Zecken?
Ringwald: Prinzipiell ist die Zecke im gesamten Bundesgebiet heimisch und fühlt sich vor allem dort wohl, wo ausreichend Feuchtigkeit vorhanden ist. Besonders groß ist die Zeckenpopulation aber in Süddeutschland: Bayern, Baden-Württemberg sowie in Teilen Hessens und Thüringens sind Risikogebiete.
Und wo lauern Zecken genau?
Ringwald: Zecken bevorzugen Orte, an denen sie leicht an ihre bevorzugten Wirttiere gelangen, da sie nicht wirklich dazu in der Lage sind, weite Strecken auf eigenen Beinen zurückzulegen. Besonders gerne halten sie sich an Waldrändern, Lichtungen und an Bachläufen auf, wobei sie dort vor allem in hohem Gras oder niedrigem Buschwerk lauern.
Wie sehen Zecken aus und wie unterscheiden sie sich von anderen Wald- und Wiesenbewohnern?
Ringwald: Die Zecke gehört zur biologischen Klasse der Spinnentiere und lässt sich daher durch ihre acht Beine ganz leicht von anderen Tieren unterscheiden. Die meisten in Deutschland heimischen Zeckenarten zeichnen sich zudem durch einen schildartigen Körper und einen kleinen spitzen Kopf aus. Insbesondere im vollgesogenen Zustand sind die Tiere aber kaum noch mit anderen Arten zu verwechseln, weil sich das Volumen ihres Körpers manchmal bis auf das Zehnfache erhöht.
Wen beißen Zecken und sind Kinder eigentlich besonders gefährdet?
Ringwald: Prinzipiell ist es Zecken ziemlich egal, welchen Wirt sie befallen. Normalerweise trifft es in den Verbreitungsgebieten aber Waldtiere wie Mäuse, Igel, Rehe und sogar Vögel. Begeben wir uns in die Natur, fallen auch wir selbstverständlich genauso in ihr Beuteschema wie unsere Hunde. Kinder entdecken gerne die Welt mit allen Sinnen und begeben sich dementsprechend auch das eine oder andere Mal ins Dickicht. Das erhöht natürlich die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich ein Kind eine Zecke einhandelt.
Beißen Zecken bestimmte Menschen häufiger, Herr Ringwald?
Ringwald: Das ist eine interessante Frage. Aber es ist tatsächlich so, dass manche Menschen sehr häufig von Zecken heimgesucht werden, andere dafür aber gar nicht. Wissenschaftlich ist dieses Phänomen noch nicht völlig geklärt. Höchstwahrscheinlich liegt es aber daran, dass Zecken ihre Wirte unter anderem durch spezielle Duftstoffe finden.
Wie beißen Zecken genau zu?
Ringwald: Genau genommen beißen Zecken nicht, sondern sie stechen, indem sie ihren Stechapparat in die Haut graben. Das mit Widerhaken ausgestattete scherenartige Mundwerkzeug sorgt dann erstens dafür, dass die Zecke haften bleibt und zweitens, dass immer frisches Blut nachfließt. Dass wir den Stich erst so spät bemerken, liegt übrigens an einem betäubenden Stoff, den die Zecke zusammen mit ihrem Speichel absondert.
Wie gefährlich sind Zecken für Kinder?
Ringwald: Der Stich an sich ist für Kinder nicht wirklich gefährlicher als für Erwachsene. Das Problem ist, dass Zecken vor allem in den vom Robert-Koch-Institut ausgewiesenen Risikogebieten in Bayern, Baden-Württemberg, in Teilen Hessens, Thüringens und im südlichen Rheinland-Pfalz gefährliche Krankheiten wie Borreliose oder FSME übertragen. Das Immunsystem der Kinder kommt mit diesen Krankheitserregern deutlich schlechter zurecht als das von Erwachsenen.
Welche Gefahr geht von FSME aus?
Ringwald: Das Gefährliche an der Frühsommer-Meningoenzephalitis ist, dass sie bei den meisten Menschen lange ohne Symptome verläuft und dementsprechend spät entdeckt wird. Dramatisch ist dies vor allem deshalb, weil die FSME schwere Entzündungen des Gehirns und der Hirnhäute nach sich ziehen kann. In schlimmen Fällen kann es sogar zu Atemlähmungen kommen. Die Ständige Impfkommision (STIKO) empfiehlt Menschen, die in Risikogebieten wohnen, sich gegen die FSME impfen zu lassen. Weitere Informationen hierzu, aber auch zur Borreliose, findet man hier beim Grünen Kreuz e.V.
Und was genau ist Borreliose?
Ringwald: Von Zecken wird meist das sogenannte Rückfallfieber übertragen, für das spezielle Bakterien (Borrelien) verantwortlich sind. Genauso wie bei der FSME ähneln die Symptome denen einer Grippe, werden aber in manchen Fällen auch durch die Gelbfärbung der Haut oder eine erhöhte Blutungsneigung ergänzt. Wird eine durch Zecken übertragene Borreliose nicht mit Antibiotika behandelt, liegt die durchschnittliche Letalitätsrate leider bei 20 Prozent.
Das klingt sehr ernst. Wann ist es dann an der Zeit, mit meinem Kind einen Arzt aufzusuchen?
Ringwald: Wer in einem Risikogebiet wohnt, sollte mit seinem Kind nach einem Stich vorsorglich einen Arzt aufsuchen, um frühzeitig tätig zu werden. Dabei ist es sehr hilfreich, wenn die betreffende Zecke nach dem Entfernen gleich mitgebracht wird, da sich die Erreger für FSME und Borreliose so sehr gut nachweisen lassen. Spätestens, wenn nach einem Zeckenstich aber grippeartige Symptome auftreten, ist der Gang zum Arzt unumgänglich. Ich kann zudem nicht oft genug betonen, wie wichtig es ist, eine FSME-Impfung vornehmen zu lassen.
Wie entferne ich Zecken eigentlich richtig, Herr Ringwald?
Ringwald: Um Zecken sicher zu entfernen, empfehle ich ausschließlich geeignete Werkzeuge wie spezielle Zeckenkarten oder -pinzetten. Nur so können Sie sicher sein, das Tier vollständig zu entfernen. Experimente mit Kälte, Hitze oder diversen Flüssigkeiten sollten Sie aber nicht versuchen, da die Tiere in ihrem Überlebenskampf zusätzliches Sekret in den Stichkanal abgeben. Wenn die Tiere die Erreger für Borreliose und FSME in sich tragen, steigt das Infektionsrisiko damit natürlich.
Und wie kann Zeckenstichen vorgebeugt werden?
Ringwald: Auf Wegen zu bleiben und Kleidung mit langen Armen und Beinen zu tragen bietet schon einen guten Schutz. Natürlich ist das gerade im Sommer nicht immer umsetzbar. Deshalb empfehle ich einen zusätzlichen Schutz durch spezielle Anti-Zecken- Mittel, die auf die Haut aufgetragen werden. Selbstverständlich sollte der Körper nach einem Aufenthalt im Freien auch nach Zecken abgesucht werden. Besonders gerne halten sich die Tiere übrigens unter den Achseln, in den Kniekehlen und in der Leistengegend auf.
Vielen Dank für Ihre Mühe und die interessanten Informationen, Herr Ringwald.
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Sehr interessanter Artikel zum Thema Zecken.
Überlege ob wir uns nicht doch auch impfen lassen.
Irgendwie ist ja ganz Süddeutschland ein Risikogebiet.
Zecken waren mir schon immer unheimlich. Danke für den informativen Beitrag! Er ist wirklich super geworden! Liebe Grüße, Kathreen von „Mach mal“
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